Etwa ein Viertel aller nationalen Abstimmungen weltweit findet in der Schweiz statt – das macht unser Land nach wie vor zum Spitzenreiter in Sachen direkte Demokratie. Trotz dieser ausgeprägten Möglichkeiten, mitzureden, nehmen ziemlich viele Schweizerinnen und Schweizer ihr Stimmrecht nur relativ selten wahr. In den letzten Jahren lag die Stimmbeteiligung entsprechend durchschnittlich bei nicht einmal 50 Prozent. Dabei zeigen verschiedene Studien immer wieder, dass es wichtig ist, abstimmen und wählen zu gehen, da die direkte Demokratie von der Wahlbeteiligung lebt. Wir wollen euch deshalb drei Gründe aufzeigen, warum ihr am 27. September unbedingt an die Urne gehen sollt.
Weil sonst die anderen bestimmen
Die direkte Demokratie ist rund 2'500 Jahre alt und ihre Wurzeln gehen zurück bis zu den alten Griechen. Allerdings war die direkte Demokratie damals gar nicht so fair, wie man meinen könnte. Mitbestimmen durften nämlich nur volljährige Männer, die frei waren – also keine Sklaven – und die Bürger der Stadt waren – also keine Ausländer. Während in der Schweiz das Stimmrecht auf nationaler Ebene auch heute noch nur denjenigen mit einem Schweizer Pass zukommt, dürfen Frauen seit 1971 bei bundesweiten Fragen ebenfalls mitbestimmen (Lesetipp).
Doch während es heute allen mündigen, volljährigen Schweizerinnen und Schweizern erlaubt ist, ihre Stimme abzugeben, machen noch längst nicht alle von diesem Recht Gebrauch. Besonders junge Menschen gehen nur sehr selektiv zur Urne, sodass die jüngste Altersgruppe bei Abstimmungen und Wahlen regelmässig die geringste Beteiligung zeigt. Dabei ist es aus normativer Sichtweise besonders wichtig, dass alle Bevölkerungsgruppen in der Politik gleich stark vertreten sind, schliesslich reflektieren nur so die politischen Entscheide auch den Willen der Bevölkerung. Denn: Gehen nur ältere Menschen wählen, dann kommen die Wünsche der Jungen laut aktuellen Studien zu kurz – und das, obschon sie die Konsequenzen der politischen Entscheide am längsten tragen werden.
Weil auch deine Stimme zählt
«Eine Stimme aus etwa 5.5 Millionen Stimmberechtigten – das macht doch keinen Unterschied!» So denken viele, die sich die Mühe des Urnengangs sparen wollen. Wenn aber jeder so denkt, dann entscheidet am Ende paradoxerweise niemand. Tatsächlich ist es in der Schweiz in keiner noch so knappen Abstimmung vorgekommen, dass eine einzige Stimme den Unterschied gemacht hat. Bestimmt ist aber schon oft vorgekommen, dass ganz viele Menschen gedacht haben, ihre Stimme sei egal – und alle diese Stimmen zusammen hätten die Abstimmung drehen können.
Durch die direkte Demokratie erhalten die Bürgerinnen und Bürger aber nicht nur die Möglichkeit, in der Politik mitzugestalten, sie übernehmen gleichzeitig auch eine Verantwortung ihren Mitmenschen und dem politischen System gegenüber. Die direkte Demokratie ermöglicht uns nämlich nicht nur, abzustimmen, sie ist umgekehrt auch von der Partizipation der Bevölkerung abhängig. Dies, damit auch wirklich alle Entscheidungen von möglichst vielen Wählerinnen und Wählern getroffen und somit legitimiert werden. Wenn sich zu wenig Menschen beteiligen, dann reflektieren die Abstimmungsergebnisse nur die Interessen eines sehr kleinen Anteils der Bevölkerung, was dem Sinn der direkten Demokratie – den Willen der gesamten Bevölkerung abzubilden – widerspricht. Möglicherweise ist es bei einer zu kleinen Beteiligung also gar nicht länger sinnvoll, direktdemokratische Abstimmungen zu halten.
Weil direkte Demokratie glücklich macht
Allerdings werden durch die direkte Demokratie nicht nur die politischen Entscheide nicht nur näher an die Präferenzen der Bevölkerung gebracht, sie hat auch positive Auswirkungen auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger, ganz unabhängig davon, ob diese auf der Gewinner- oder Verliererseite der Abstimmung stehen. Wer abstimmt, muss sich vorher über das Thema informieren, das an der Urne behandelt wird. Das heisst, dass regelmässige Abstimmungsteilnehmerinnen und -teilnehmer mit der Zeit lernen, wie sie sich Informationen beschaffen und diese innert kurzer Zeit durchsehen können, um eine Entscheidung zu fällen. Das ist eine Fähigkeit, die sich nicht nur in der direkten Demokratie, sondern auch im Beruf sowie im Alltag als nützlich erweist.
Verschiedene Studien zeigen ausserdem, dass die direkte Demokratie nebst dem politischen Wissen auch das Vertrauen in die Politik und deren Institutionen erhöht und so das politische System stärkt. Zudem diskutieren die Stimmenden häufiger über Politik, was ihnen nicht nur Gesprächsstoff generiert, sondern auch beibringt, ein Streitgespräch zu führen. Weitere positive Auswirkungen hat die direkte Demokratie auf das Gefühl, in der Politik etwas bewirken zu können, und auf die Zufriedenheit mit der Politik. Nicht zuletzt gibt es auch Studien, die zeigen, dass die direkte Demokratie eine_n sogar glücklicher mit dem eigenen Leben macht!
An die Urnen, fertig, los!
Abstimmen zu gehen ist also mehr als nur ein Privileg, das der Schweizer Bevölkerung zukommt: Es ist auch eine Pflicht der Gesellschaft und den anderen Menschen generell, und speziell auch derselben Altersgruppe gegenüber. Nur wer abstimmt, bestimmt auch mit. Und nur wenn genügend Leute in der direkten Demokratie mitmachen, kann sie weiterhin bestehen. Ausserdem hat die direkte Demokratie nicht nur positive Auswirkungen auf die Gesellschaft und die politischen Entscheide, sie verbessert auch das Leben jeder und jedes einzelnen, indem sie uns Fertigkeiten lehrt und uns glücklicher macht.
Aus all diesen Gründen ist es besonders wichtig, am 27. September abstimmen zu gehen! Ausserdem: Informiert euch über die Vorlagen. Da es diesen September insgesamt fünf sind, droht die eine oder andere unterzugehen. Auf dem Discuss it-Blog werden in den kommenden Wochen Artikel zu den Pros und Kontras jeder Vorlage zu lesen sein.